
Der Quantitätskontrast, auch als Mengenkontrast oder Flächenkontrast (in der Schule auch als Groß-Klein-Kontrast oder Viel-Wenig-Kontrast) bezeichnet, gehört zu den klassischen künstlerischen Kontrasten. Er entsteht durch die Gegenüberstellung von mengenmäßig unterschiedlichen Flächen. Der Quantitätskontrast kann auch durch Gegensätze wie
- groß - klein,
- wenig - viel,
- lang - kurz,
- dick - dünn
erzeugt werden. Er bezieht sich immer auf die Menge oder die zahlenmäßige Flächengröße der verwendeten Farben und beschreibt das Verhältnis der Größe von zwei oder mehreren Farbflächen zueinander, immer in Relation zur Gesamtfläche.
Unterschiedliche Farbintensitäten

Laut Johannes Itten, einem berühmten Bauhaus-Künstler und Kunstpädagogen, haben Farben unterschiedliche Intensitäten. Nur, wenn sie in bestimmten Mengenverhältnissen verwendet werden, verhalten sie sich harmonisch und ausgewogen zueinander.
Zum Beispiel besitzt Gelb eine besonders große Leuchtkraft, während Violett eine relativ geringe Leuchtkraft aufweist. Zum Beispiel sollten
- Gelb und Violett im Verhältnis 1:3 stehen,
- Orange und Blau im Verhältnis 1:2 und
- Rot und Grün im Verhältnis 1:1.
Solche Quantitäten erzeugen eine ausgewogene, beruhigende und harmonische Wirkung. Ein starker Quantitätskontrast entsteht, wenn eine kleine, violette Fläche inmitten einer großen, gelben Fläche platziert wird - und umgekehrt. Siehe dazu die beiden folgenden Abbildungen. An diesem Beispiel erkennt man auch sehr schön, dass man Farbkontrast praktisch nie separat betrachten kann. Fast immer ist auch iregdnein anderer Kontrast beteiligt, z.B. der Hell-Dunkel-Kontrast, der Komplementärkontrast oder der Simultankontrast.
Wofür braucht man den Quantitätskontrast?

Das Verhältnis der Farbenmengen in einem Bild oder einer Grafik ist entscheidend für die Gesamtwirkung. Warme und helle Farbtöne wie Rot, Orange und Gelb dominieren leichter gegenüber kalten und dunkleren Farben. Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, können größere Flächeninhalte der dunkleren und kälteren Farben verwendet werden. Die bewusste Steuerung des Quantitätskontrasts kann dazu beitragen, die visuelle Hierarchie zu gestalten und die gewünschte Wirkung in einem Kunstwerk zu erzielen.
Unterschiedlichen Mengenanteile können Spannung und Lebendigkeit in einer Darstellung erzeugen. Daher sind Farbkontraste, einschließlich des Quantitätskontrasts, ein wichtiges gestalterisches Mittel.
Wie wirkt der Quantitätskontrast?

gelber Punkt auf violetter Fläche
Wie die meisten gestalterischen Mittel wirkt auch der Quantitätskontrast im ersten Augenblick unbewusst. Erst wenn man ein Bild analysiert und die gestalterischen Mittel und die Komposition eingehender untersucht, wird einem die Wirkweise bewusst. Einige Möglichkeiten, wie der Quantitätskontrast wirken kann, sind:
- Fokuslenkung: Wenn eine Farbe in größerer Menge oder Fläche als die anderen Farben verwendet wird, lenkt sie automatisch die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Dadurch kann der Künstler gezielt einen bestimmten Bereich oder ein bestimmtes Element im Bild hervorheben und den Blick des Betrachters lenken.
- Visuelle Hierarchie: Durch die Variation der Farbmenge und -anzahl können Künstler eine visuelle Hierarchie in ihrem Werk schaffen. Elemente oder Bereiche mit größerer Farbmenge dominieren visuell und werden als wichtiger wahrgenommen, während Bereiche mit geringerer Farbmenge in den Hintergrund treten.
- Ausgewogenheit und Harmonie: Der bewusste Einsatz von Farbquantitäten kann dazu beitragen, eine ausgewogene und harmonische Komposition zu schaffen. Wenn die Farbmenge in einem Kunstwerk gut ausbalanciert ist, wirkt es insgesamt harmonischer und ästhetisch ansprechender.
- Kontrast und Dynamik: Ein starker Unterschied in der Menge oder Anzahl von Farben kann dem Bild eine dynamische und lebendige Wirkung verleihen. Der Kontrast zwischen verschiedenen Farbquantitäten kann das Werk energiegeladen und aufregend wirken lassen.
Der Quantitätskontrast ist ein weiteres Gestaltungselement in der Farbtheorie, das Künstlern und Designern hilft, die visuelle Wirkung ihrer Werke bewusst zu gestalten. Durch die geschickte Verwendung verschiedener Farbquantitäten können sie die Botschaft und Stimmung ihres Werkes verstärken und die Betrachter in ihren Bann ziehen.
Beispiele für Quantitätskontrast
Wie immer bietet die Kunstgeschichte zahlreiche, auch weltberühmte Gemälde, die die Verwendung eines Quantitätskontrastes beispielhaft veranschaulichen. Vor allem in Landschaftsbildern mit einem großen weiten Himmel bietet sich der Quantitätskontrast an.

von Jacob van Ruisdael, um 1670
Los geht es mit einem Gemälde des niederländischen Malers Jacob van Ruisdael: "Die Bleichen bei Haarlem" wurde um 1670 gemalt. Drei Viertel des Bildes wird von dem Blau-Grau des wolkigen Himmels dominiert. Links im unteren Bilddrittel - weit entfernt am Horizont - erkennt man eine Kirche, die, bei näherer Betrachtung, an sich riesig groß sein muss - verglichen mit den Häusern, die man dann mit Mühe auch noch erkennen kann.
Durch den Quantitätskontrast wird die Botschaft des Bildes sofort klar (selbst wenn man sie beim Betrachten nicht sofort in Worte fassen kann): es geht um die Winzigkeit des menschlichen Daseins vor der gewaltigen Kraft der Natur, von Wind und Wetter. Und in diesem Bild: einzig die Kirche ist groß und stark genug, um sich vor diesen göttlichen Naturgewalten schützen zu können.

von Caspar David Friedrich, 1808–1810
Das zweite Beispiel behandelt auch das Thema des vorherigen Bildes, allerdings noch dramatischer und direkter. "Der Mönch am Meer" von Caspar David Friedrich (gemalt zwischen 1808 und 1810) ist ast schon abstrakt. Vier Fünftel sind vom blau-grauen Himmel bedeckt, es folgt ein fast schwarzer Streifen, der das Meer darstellt. Darunter befindet sich ein ockerfarbener Küstentreifen, der einen Strand zeigt. Diese Strandzone wirkt wie ein sehr weites Dreieck, an dessen Spitze sich eine winzig kleine Figur befindet. Wie der Titel sagt: es ist ein Mönch. Man kann sich vorstellen, wie klein er sich fühlt angesichts dieses gewaltigen Naturschauspiels.

von Piet Mondrian, 1932
Das dritte Beispiel ist die "Komposition mit Gelb und Blau" des niederländischen Künstlers Piet Mondrian. Es ist ein abstraktes Gemälde, das den typischen Stil von Mondrian wiederspiegelt: die Bildfläche ist durch wenige schwarze, senkrechte und waagerechte Linien in mehrere Teilflächen aufgeteilt. Die linke obere Fläche ist gelb, eine kleine an der rechten Außenseite blau gemalt. Alle übrigen Flächen sind weiß angemalt.
Wie in allen seinen Gemälde spielt Mondrian auch hier mit den Möglichkeiten des Quantitätskontrastes. Er erzeugt mit einfachsten Mitteln ein abwechslungsreiches, spannungsgeladenes Bild.
Siehe auch / Weiterlesen
- Farbperspektive einfach erklärt
- Luftperspektive
- Weitere Kontraste (Übersicht)
- Kunst- und Maltechniken - Online Tutorial (kostenlos)