Als Lavieren (auch Lavur oder Lavierung) bezeichnet man eine spezielle Malmethode der Aquarellmalerei (zur Begriffsklärung siehe unten). Das Lavieren wird zwar auch bei der Ölmalerei oder Acrylmalerei verwendet, aber beim Aquarellieren hat diese Mal-Methode eine besondere Bedeutung. Aquarellmalerei ist Wassermalerei, nur dass das Wasser eben (Aquarell-) Farbpigmente enthält. Die Aquarell-Maltechnik dreht sich daher in erster Linie um die Beherrschung des Wassers. Eine der wichtigsten Eigenschaften von Wasser ist, dass es an der Luft trocknet. Klingt banal, ist aber für Aquarellmalerei fundamental wichtig. Wie lange das Trocknen dauert, hängt neben der Wassermenge vor allem von dem verwendeten Papier ab - daher ist die Wahl des richtigen Aquarellpapiers auch so wichtig. Normalerweise dauert es ca. 1-3 Minuten, bis das Wasser soweit verdunstet ist, dass das zurückbleibende Gummi-Arabicum der Aquarellfarbe verhärtet und die Pigmente an die Oberfläche bindet (anklebt). In diesem Zeitraum kann man lavieren. Im folgenden Video zeige ich, wie ich das Bild oben, die Narzisse, mit Aquarell gemalt habe:
Grundlagen des Aquarellierens
Aquarell-malen besteht im Wesentlichen aus vier Arbeitsmethoden:
- Lavieren: fließende Verteilung von Farben (Nass-in-Nass)
- Lasieren: Überlagerung von durchscheinenden Farben (Nass-auf-Trocknen)
- Verwaschen: Anlösen und Lavieren bereits getrockneter Farbflächen
- Betonen: Übermalen und Konturieren bereits getrockneter Flächen
Unter Lavieren versteht man die fließende Verteilung von Farbpigmenten mit Hilfe von Wasser auf dem Papier.
Beim Lavieren macht man sich vor allem die Fließeigenschaften des Wassers zunutze. Man kann so zwei Farbtöne auf dem Papier durch ineinanderlaufen miteinander mischen.
Methoden der Lavierung
Beim Lavieren wird eine intensive Farbpigmentierung auf das Papier aufgetragen und dann mit Wasser vermalt bzw. verwaschen. Die Farbpigmente haben den physikalischen Drang, sich zu verteilen. Dabei nimmt die Konzentration der Pigmente mit zunehmender "Wanderung" ab. Die Farbintensität wird geringer, das durchscheinende Papier sorgt für eine Aufhellung.
Man kann daher zwei prinzipielle Methoden der Lavierung unterscheiden:
- Lavierung von intensiv nach blass (Auslaufen, Aufhellen einer Farbe)
- Lavierung von zwei Farbtönen, die ineinander fließen (Nass-in-Nass-Malerei)
Das Lavieren einer Tuschezeichnung bedeutet, dass eine mit Feder gezeichnete Tuschelinie mit HIlfe eines wässrigen Pinsels "verwaschen" wird, solange sie noch nicht getrocknet ist. Dafür benetzt man eine Seite neben der Linie mit Wasser und sorgt so dafür, dass die Pigmente der Tusche sich in der wässrigen Fläche verteilen. Da die Pigmentdichte mit zunehmender Entfernung abnimmt, erhält die Fläche einen Verlauf von dunkel nach hell. Auf diese Weise wurde schon vor Jahrhunderten Schatten in Zeichnungen erzeugt, z.B. bei Rembrandt.
Lavierung mit zwei Farben (Nass-in-Nass)
Wenn man eine wässrige Fläche auf dem Papier hat, auf der von zwei Seiten unterschiedliche Farbpigmente aufgetragen werden, dann findet physikalisch gesehen der gleiche Prozess statt, allerdings mit unterschiedlicher Wirkung. Denn die Pigmente der zwei Farbtöne fließen aufeinander zu und vermischen sich. Dadurch entsteht quasi eine natürliche Farbmischung direkt auf dem Papier.
Dieser Prozess wird auch als Nass-in-Nass Malerei bezeichnet. Genau genommen ist es eine spezielle Methode der Lavierung. Sie ist äußerst schwer zu kontrollieren - und das ist auch letztendlich der Grund, warum Aquarellmalerei häufig als so schwierig beschrieben wird. Die Effekte der lavierenden Aquarellfarben können großartig sein - oder eben auch nicht.
Maltechnische Experimente beim Lavieren
Durch äußere Einflüsse kann man in den Prozess eingreifen. Der Maler Emil Nolde zum Beispiel hat viele seiner berühmten Aquarelle im Winter bei frostigen Temperaturen draußen gemalt. Die flüssige Aquarellfarbe ist daher auf dem Papier während des Trocknens gleichzeitig gefroren und durch neue Farbe dann wieder zum Schmelzen gebracht worden. Dadurch einstehen Verläufe und Strukturen, die bei Raumtemperaturen kaum zu erzielen sind.
Ich habe eine Zeitlang mit Glycerin und reinem Alkohol experimentiert. Dadurch verändert man die Trocknungseigenschaften erheblich. Reiner Alkohol löst ebenfalls die Aquarellfarben, verflüchtigt sich aber innerhalb von Sekunden. Dadurch muss man einerseits extrem schnell malen, andererseits entstehen Verlaufsstrukturen, die man mit Wasser nicht erzeugen kann.
Wer nicht gleich den Aquarellkasten in einen Chemiekasten umwandeln möchte, kann auch einfacher mit verschiedenen Werkzeugen arbeiten. So kann man zum Beispiel durch äußere Luft-Einwirkung den Verlauf des Wassers beeinflussen. Dafür eignen sich zum Beispiel ein Föhn oder ein einfacher Strohhalm. Man kann statt eines Pinsels auch Schaber oder Spachtel verwenden, um die Flüssigkeiten und Pigmente auf dem Papier zu verschieben - so wie mit einem Schneeschieber.
Viele Aquarellmaler benutzen eine angewinkelte Mal-Unterlage (Zeichentisch, Mal-Brett o.ä.). Dadurch hat das Aquarellpapier eine Schräge von ca. 20° bis 30°. Das hat zur Folge, dass das Wasser immer nach unten fließt. Auf diese Weise kann man zum Beispiel einen gleichmäßigen Farbverlauf in einem Himmel erzeugen.
Ich kann nur jeden ermutigen, selber Experimente zu machen und zu beobachten, wie sich das fließende Ineinandermischen der Aquarellfarbe verändert. Man durchschaut durch solche Versuche die Fließeigenschaften des Wassers und die unterschiedlichen Verlaufs- und Mischungs-Möglichkeiten der Farbpigmente viel besser - was einem langfristig bei der Beherrschung der Aquarellmalerei viel nützen wird.
Begriffsklärung: was bedeutet "lavieren"?
Es gibt interessanterweise zwei verschiedene Erklärungen für die Wort-Herkunft des Begriffs "Lavieren": [Quelle]
- Niederländische Segeln: Lavur und daraus abgeleitet Lavieren stammt aus dem Mittelniederdeutschen lavēren ab. Das wiederum entstammt dem Niederländischen laveeren, loveeren, loeveeren „die Windseite abgewinnen“. Das geht wohl auf das seemannssprachliche Luv „Ruderseite, Windseite“ zurück. In diesem (Seemanns-Sinne) bedeutet lavieren also: "seitlings gegen den Wind segeln". Daraus hat sich dann die heutige umgangssprachliche Bedeutung "sich geschickt durch etwas hindurchwinden" entwickelt.
- Italienisches Waschen: aus dem Italienischen lavare für „(ver-)waschen“ und dem Französischen laver für „(ab-, aus-)waschen“ entlehnt; entstammen ihrerseits dem Latein lavare für „waschen“.
Lavieren Tutorial (Mal-Übung)
Die die Aquarelltechnik des Lavierens zu lernen bzw. zu üben, benötigt man einen mittelgroßen Aquarellpinsel, z.B. Rundpinsel Größe 6. Dann nimmt man einen kräftigen Schwung Aquarellfarbe auf in malt damit eine wellenartige Linie auf das Papier - in der folgenden Abbildung die Ocker-Gelbe Linie oben. Diese Linie enthält relativ viel Pigment und ist daher sehr intensiv. Nun wäscht man den Pinsel aus und benetzt mit purem Wasser einer Fläche neben der Linie (in der Abbildung auf der rechten Seite). Vorsichtig malt man nun bis exakt an die Linie heran, bis beide Flächen sich verbinden und das Pigment quasi überfließt. Die farblose, wässrige Fläche füllt sich nun langsam mit dem Pigment der intensiven Linie. Mit dem Pinsel kann man versuchen, den Fluss der Pigmante zu steuern.
Als zweiten Teil dieser Übung nimmt man nun eine andere Farbe und malt damit eine weitere Linie, ohne dabei die bisher gemalten Flächen zu berühren (in der Abbildung eineGrüne Linie unten). Nun wäscht man erneut den Pinsel aus und benetzt erneut eine Fläche, bei der man das vorherige wiederholt.
Abschließend verbindet man die beiden Flächen, in denen die Farben verlaufen sind. Nun vermischen sich die beiden unterschiedlichen Farbtöne und es bildet sich eine Mischfarbe. Betonen Sie nun noch einige Ecken, indem Sie einfach einen anliegenden Farbton, z.B. Rot an Ocker oder Blau an Grün, dazumischen und vermalen - in der Abbildung auf der linken Seite).
Das entstehende Bild enthält viele typische Merkmale eines Aquarellbildes. Diese Methode und Kenntnis darüber kann man nun in der Aquarellmalerei an vielen Stellen einsetzen, um differenzierte Farbverläufe zu erzielen. Wenn diese Ebene getrocknet ist, können Sie eine weitere Ebene mit wenig Farbpigment darüber malen. Dadurch erzielen Sie zum einen eine weitere Farbdifferenzierung, zum anderen entsteht eine Dunkelheit, z.B. ein Schatten. Den Vorgang nennt man dann Lasieren.
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