Farbenlehre für Maler und Zeichner

Grundlagen der Farbenlehre für bildende Künstler

Farbenlehre für bildende Künstlerinnen und Künstler
Farbenlehre für bildende
Künstlerinnen und Künstler

Die Farbenlehre ist eine grundlegende "Wissenschaft" für bildende Künstlerinnen und Künstler. Sie beschäftigt sich mit den Eigenschaften, Wirkungen und Beziehungen von Farben. Sie hilft uns Künstlern dabei, unsere Farbpalette zu verstehen, effektive Farbkompositionen und die gewünschten Stimmungen im Bild zu erzeugen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Farben - nicht nur in der Kunst - eine subjektive Bedeutung haben können. Daher ist es empfehlenswert, mit ihnen zu experimentieren und diese Erfahrungen für einen eigenen, individuellen Stil zu nutzen. Anders formuliert: alles, was Sie hier lesen, können Sie auch ganz anders machen. Sie sollten nur verstehen, warum.

Was gehört zu den Grundlagen der Farbenlehre?

Grundlagen der Farbenlehre
Grundlagen der Farbenlehre

Die Farbenlehre der bildenden Kunst lässt sich grob in fünf Bereiche einteilen:

  1. Farbkreis
  2. Farbeigenschaften
  3. Farbmischung
  4. Farbkontraste
  5. Farbpsychologie

Alle fünf Bereiche sind sehr wichtig, und als bildender Künstlerin oder Künstler sollte man sich intensiv damit beschäftigen - nicht nur, um Wissen zu sammeln, sondern vor allem auch, um visuelle Erfahrungen zu reflektieren. In den folgenden Abschnitten werden diese Bereiche jeweils kurz und einfach zusammengefasst. Bitte klicken Sie auf die Links in dem jeweiligen Abschnitt, wenn Sie mehr darüber erfahren möchten.

Was ist ein Farbkreis?

Farbkreis nach Johannes Itten
Farbkreis nach Johannes Itten

Ein Farbkreis ist ein kreisförmiges Diagramm, das die Farben darstellt und ihre Beziehungen zueinander zeigt. Es gibt verschiedene Farbkreise, wie z. B. den RGB-Farbkreis (Rot-Grün-Blau) für digitale Anwendungen oder den CMYK-Farbkreis (Cyan-Magenta-Yellow-Key) für den Druckbereich.

In dem klassischen Farbkreisen, z.B. von Goethe oder von Itten, sind die Primärfarben:

Diese Grundfarben lassen sich - so die jeweilige Theorie - nicht durch Mischen anderer Farben erzielen. Durch das Mischen dieser drei Farben entstehen die Sekundärfarben:

Darüber hinaus gibt es noch die Tertiärfarben, die durch das Mischen einer Primärfarbe mit einer Sekundärfarbe entstehen.

Ein Farbkreis ist ein nützliches Werkzeug, um Farbharmonien auszuwählen und zu verstehen, wie Farben aufeinander wirken. Darüber hinaus können Künstlerinnen und Künstler den Farbkreis nutzen, um Farben zu mischen und die gewünschte Stimmung oder Atmosphäre in ihren Werken zu erzeugen. Diese wichtige Werkzeug der Farbenlehre wird nicht nur von bildenden Künstlern (Malerinnen und Malern), sondern auch von Designerinnen, Farbexperten und in anderen kreativen Berufen verwendet.

Eine der effektivsten Übungen beim Malen lernen ist es, einen Farbkreis zu malen (in der Schule ist das ein grundlegender Bestandteil meines Kunst-Unterrichts). Dabei muss man sich jeweils auf einen konzentrieren und dann die entsprechenden Farbtöne besorgen. Ich würde z.B. empfehlen, bei Ölfarbe nach dem Itten-Farbkreis zu arbeiten (Grundfarben Rot, Gelb und Blau), und bei Aquarellfarben eher mit dem CMYK-Farbkreis zu arbeiten (Grundfarben Cyan, Magenta und Gelb).

Was sind Farbeigenschaften?

Farbeigenschaften: Farbton, Sättigung und Helligkeit
Farbeigenschaften:
Farbton, Sättigung und Helligkeit

Die Farbeigenschaften sind die grundlegenden Merkmale, die eine (jede!) Farbe definieren und sie voneinander unterscheidbar machen. Im Unterschied zu den zuvorgenannten Primär und Sekundärfarben kommen nun noch Schwarz und Weiß ins Spiel.

Diese Farbeigenschaften beeinflussen, wie wir Farben wahrnehmen und wie sie auf uns wirken. Wenn man eine bestimmte Farbe anmischen oder herstellen möchte, muss man die folgenden drei Aspekte beachten bzw. versuchen, die visuell zu ermitteln. Die drei Haupt-Farbeigenschaften sind:

  1. Farbton (Hue): Der Farbton beschreibt die spezifische Farbe selbst. Es ist das Merkmal, das es uns ermöglicht, eine Farbe als Rot, Blau, Grün, Gelb usw. zu identifizieren. Der Farbton ist das Ergebnis der Wellenlänge des Lichts, das von einem Objekt reflektiert oder abgestrahlt wird. Es ist der grundlegende Aspekt, der Farben voneinander unterscheidet.
  2. Sättigung (Chroma): Die Sättigung bezieht sich auf die Intensität oder Reinheit einer Farbe. Eine hochgesättigte Farbe ist lebendig und leuchtend rein und klar, während eine geringe Sättigung eine gedämpfte oder ergraute Farbe ergibt. Wenn eine Farbe keine Sättigung hat, erscheint sie als Grauton. Die Sättigung wird beeinflusst durch den Anteil der reinen Farbe im Verhältnis zu Weiß und Schwarz.
  3. Helligkeit (Value): Die Helligkeit beschreibt die Helligkeitsstufe einer Farbe. Es bezieht sich auf die Helligkeit oder Dunkelheit einer Farbe und wird oft als die Menge an Weiß oder Schwarz in einer Farbe wahrgenommen. Eine helle Farbe enthält mehr Weiß, während eine dunkle Farbe mehr Schwarz enthält. Helligkeit ist ein entscheidender Aspekt bei der Erzeugung von Kontrasten und Schattierungen in einem Bild.

Zusammen erzeugen diese Farbeigenschaften eine Vielzahl von Farbvariationen und ermöglichen es uns Künstlern, komplexe und interessante Farbkompositionen zu erstellen. Die Art und Weise, wie diese Eigenschaften in einem Kunstwerk verwendet werden, beeinflusst die visuelle Wirkung und die emotionale Resonanz der Farben auf den Betrachter.

Aber Achtung: der tatsächliche Farbeigenschaften ist oft schwierig zu erkennen, weil wir Farbtöne immer im Gesamtkontext wahrnehmen, der von der jeweiligen Beleuchtungssituation abhängt.

Wie funktioniert die Farbmischung?

Farbenlehre: Farbmischung lernen - ist einfach und kann nicht schaden
Farbenlehre: Farbmischung lernen - ist relativ einfach und kann nicht schaden

Das Mischen von Farben ist ein wichtiger Aspekt der Farbenlehre für Künstler. Verschiedene Farben wie Acrylfarben, Ölfarben oder Aquarellfarben haben unterschiedliche Eigenschaften bei der Farbmischung. Doch zunächst zur Theorie:

Es gibt zwei grundlegende Arten der Farbmischung: die additive Farbmischung und die subtraktive Farbmischung. Die Art der Farbmischung hängt davon ab, ob wir es mit Lichtfarben (wie bei Bildschirmen) oder mit Pigmentfarben (wie bei traditioneller Malerei) zu tun haben.

Additive Farbmischung
Additive Farbmischung
  1. Additive Farbmischung: Die additive Farbmischung bezieht sich auf das Mischen von Lichtfarben, wie es beispielsweise bei Computerbildschirmen, Smartphones oder Bühnenscheinwerfern der Fall ist. In der additiven Farbmischung werden Farben durch das Hinzufügen verschiedener Lichtfarben erzeugt. Die drei Grundfarben in der additiven Farbmischung sind Rot, Grün und Blau (RGB).
    • Wenn alle drei Grundfarben (Rot, Grün und Blau) in vollem Umfang kombiniert werden, entsteht Weiß.
    • Wenn keine der Grundfarben vorhanden ist, entsteht Schwarz.

Durch die Kombination verschiedener Anteile von Rot, Grün und Blau können alle anderen Farben im Spektrum erzeugt werden.

Subtraktive Farbmischung
Subtraktive Farbmischung
  1. Subtraktive Farbmischung: Die subtraktive Farbmischung bezieht sich auf das Mischen von Pigmentfarben, wie es bei der klassischen Malerei mit Farben auf Papier oder Leinwand der Fall ist. In der subtraktiven Farbmischung werden Farben durch die Absorption von Licht erzeugt. Die drei Grundfarben in der subtraktiven Farbmischung sind Cyan, Magenta und Gelb (CMY).
    • Wenn alle drei Grundfarben (Cyan, Magenta und Gelb) in vollem Umfang kombiniert werden, entsteht ein tiefes Schwarz (das alle Lichtstrahlen absorbiert).
    • Wenn keine der Grundfarben vorhanden ist, entsteht Weiß (da alle Lichtstrahlen reflektiert werden).

Durch die Kombination verschiedener Anteile von Cyan, Magenta und Gelb können alle anderen Farben im Farbspektrum erzeugt werden. Es ist wichtig zu beachten, dass die subtraktive Farbmischung auf der Absorption von Licht basiert, während die additive Farbmischung auf der Kombination von Lichtfarben beruht. In der klassichen bildenden Kunst haben wir hauptsächlich mit subtraktiver Farbmischung zu tun.

Farbmischung: Anordnung der Ölfarbe auf der Palette
Farbmischung: Anordnung der Ölfarbe auf der Palette

Die Anmischen der richtigen Farben ist eine wichtige Voraussetzung für Künstler, denn nur so kann man die Stimmungen oder Wirkungen erzielen, die man anstrebt.

Was sind Farbkontraste?

Farbkontrast (Franz Marc, Rote Pferde)
Farbkontrast (Franz Marc, Rote Pferde)

Farbkontraste sind Unterschiede und Beziehungen zwischen Farben in einem Kunstwerk oder einer visuellen Darstellung. Durch die gezielte Verwendung von Farbkontrasten können Künstlerinnen und Künstler visuelle Effekte erzeugen, die das Interesse des Betrachters wecken und die Wirkung einer Komposition verstärken. Es gibt verschiedene Arten von Farbkontrasten, darunter:

  1. Hell-Dunkel-Kontrast: ob Schwarz und Weiß als Farben gesehen werden oder nicht, ist ein jahrhunderte alter Streit in Künstlerkreise. Aber da man beim Malen ja schon mit Licht und Schatten zu tun hat, habe ich der einfachheit halber auch den Hell-Dunkel-Kontrast hier mit aufgenommen. Schwarz-Weiß ist der stärkste und eindringlichste Kontrast, den wir kennen.
  2. Komplementärkontrast: Komplementärfarben sind Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen. Wenn sie nebeneinander stehen oder miteinander vermischt werden, erzeugen sie einen starken visuellen Kontrast und verstärken sich gegenseitig. Beispiele für Komplementärfarben sind Rot und Grün, Blau und Orange, Gelb und Violett. Die Verwendung von Komplementärfarben kann in einem Kunstwerk einen dynamischen und auffälligen Effekt erzeugen.
  3. Farbe-an-sich-Kontrast: Verschiedene Farben im Farbspektrum haben einen hohen Kontrast zueinander, das bedeutet, sie lassen sich visuell leicht eindeutig voneinander unterscheiden bzw. optisch trennen. Diese Farbkombinationen erzeugen visuelle Spannung und Aufmerksamkeit.
  4. Simultankontrast: Der Simultankontrast ist ein Phänomen in der Farbwahrnehmung, bei dem die Farben eines Objekts durch die Umgebung, in der sie betrachtet werden, beeinflusst werden. Wenn zwei Farben nebeneinander betrachtet werden, können sie sich visuell verändern und sich gegenseitig beeinflussen, was zu einem Kontrast zwischen den Farben führt.
  5. Qualitätskontrast: Der Kontrast der Farbqualität (Sättigung) bezieht sich auf den Unterschied zwischen stark gesättigten und gering gesättigten Farben (siehe oben Farbeigenschaften). Ein hoher Sättigungskontrast kann ein Bild lebendig und dynamisch machen.
  6. Quantitätskontrast: Der Kontrast kann auch durch das Mengenverhältnis von Farben bzw. die Größe von Farbflächen im Bild erzeugt werden. Ein Farbton, der in einer kleinen Menge inmitten einer dominanten Farbpalette verwendet wird, kann eine starke visuelle Wirkung erzielen und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
  7. Kalt-Warm-Kontrast: Der Kalt-Warm-Kontrast basiert darauf, dass die psychologische Wirkung bestimmter Farben von den meisten Menschen auch als eine "Farbtemperatur" bezeichnet wird. Demnach werden Orange und die angrenzenden bzw. ähnlichen Farbtöne wie Rot, Gelb, Gold, Ocker, Braun eher als warm bezeichnet. Dem gegenüber stehen Blau und die angrenzenden Farben Türkis, Blaugrün. Die letztgenannten Farben wirken auf die meisten Menschen eher kalt. In dem Farbkreis liegen sich die warmen Farben und die kalten Farben genau gegenüber. Genau genommen ist der Warm-Kaltkontrast auch ein Komplementärkontrast. Der Kalt-Warm-Kontrast spielt vor allem für die Tiefenwirkung in Landschaftsbildern eine wichtige Rolle (siehe Farbperspektive).

Die bewusste Nutzung von Farbkontrasten ist ein kraftvolles Mittel für Künstler, um ihre kreative Vision zu vermitteln, bestimmte Stimmungen zu erzeugen und die Wahrnehmung des Betrachters zu beeinflussen. Die Wahl der Farben und deren Anordnung in einer Komposition können einen entscheidenden Einfluss auf die Ausdruckskraft und die Botschaft eines Kunstwerks haben.

Was ist die Farbpsychologie?

Farben haben auch psychologische Auswirkungen und können Emotionen und Stimmungen hervorrufen. Die Farbpsychologie ist ein Zweig der Psychologie, der sich mit der Wirkung von Farben auf das menschliche Verhalten, die Emotionen und die Stimmung befasst. Sie untersucht, wie verschiedene Farben psychologische Reaktionen auslösen und wie diese Reaktionen unser Verhalten und unsere Wahrnehmung beeinflussen können. Die Farbpsychologie geht davon aus, dass Farben nicht nur ästhetische Reize sind, sondern auch eine tiefe psychologische Bedeutung haben.

Farbpsychologie: wichtiges Wissen um die Wirkung von Farben
Farbpsychologie: wichtiges Wissen um die Wirkung von Farben

Hier sind einige der gängigen Assoziationen und Wirkungen, die Farben in der Farbpsychologie haben können:

  1. Rot wird oft mit Leidenschaft, Energie und Liebe assoziiert. Es kann auch starke Emotionen wie Wut oder Aufregung hervorrufen. In der Werbung wird Rot häufig verwendet, um Aufmerksamkeit zu erregen.
  2. Blau wird mit Ruhe, Frieden und Vertrauen in Verbindung gebracht. Es kann beruhigend und entspannend wirken. Blau wird oft in den Bereichen Gesundheit und Technologie verwendet, um Vertrauen und Professionalität zu vermitteln.
  3. Grün ist mit Natur, Frische und Heilung verbunden. Es kann eine beruhigende und erfrischende Wirkung haben und wird oft in den Bereichen Umwelt und Gesundheit verwendet.
  4. Gelb ist eine lebendige und optimistische Farbe, die mit Glück, Kreativität und Sonnenschein in Verbindung gebracht wird. Es kann eine positive Stimmung erzeugen und Aufmerksamkeit erregen.
  5. Orange ist eine warme und energiegeladene Farbe, die mit Begeisterung und Enthusiasmus assoziiert wird. Es kann eine fröhliche und einladende Atmosphäre schaffen.
  6. Violett ist eine mysteriöse und königliche Farbe, die oft mit Kreativität und Spiritualität in Verbindung gebracht wird. Es kann eine besondere Tiefe und Eleganz vermitteln.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Farbpsychologie nicht universell ist und individuelle Unterschiede und kulturelle Kontexte berücksichtigen sollte. Die Wahrnehmung von Farben kann von Person zu Person variieren und hängt auch von persönlichen Erfahrungen, kulturellen Hintergründen und sozialen Normen ab.

In der Kunst und im Design kann die bewusste Verwendung von Farben nach den Prinzipien der Farbpsychologie eine gezielte emotionale oder psychologische Wirkung erzielen und das visuelle Erlebnis für den Betrachter verstärken. Wie vielfältig das genutzt wird, kann man sehr gut in Werbekampagnen beobachten und analysieren.

Abschließend sei noch erwähnt, dass die hier vorgestellten Grundlagen der Farbenlehre nur für bildende Künstlerinnen und Künstler gedacht sind. Es gibt zahlreiche weitere Aspekte, die vor allem im Bereich der Optik und der Physik relevant sind. Hierfür empfehle ich den Artikel "Grundlagen der Farbenlehre" von Dietrich Zawischa (Uni Hannover)

Übrigens. Meine neuesten Bilder sind auf der Homepage zu entdecken.

Siehe auch / Weiterlesen

Realistisch Zeichnen Lernen: Buch von Martin Mißfeldt
Realistisch Zeichnen Lernen

Tipp! Ich habe ein eBook geschrieben: "Realistisch Zeichnen Lernen - Mit Bleistiften beobachten". Umfang: 97 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Schritt-für-Schritt-Anleitungen und konkreten Zeichen-Übungen. Das Buch bietet Anfängern und allen, die sich bislang noch nicht intensiv mit dem Naturstudium auseinander gesetzt haben, viele hilfreiche Tipps und Tricks.

"Realistisch" und "Zeichnen" sind zweierlei. Zum Einen werden die Grundlagen des Zeichnens vermittelt, vom Material und Werkzeug über grundlegende Zeichentechniken (z.B. Schraffieren) bis hin zum effektiven Vorzeichnen und den 4 Phasen des Zeichenprozesses: Betonen, Verblenden, Verwischen, Radieren. Zum Anderen werden die Grundlagen des Beobachtens erklärt, die man für jede Art von realistischem Bild benötigt. Am Ende helfen zahlreiche Inspirationen dabei, den eigenen künstlerischen Weg zu finden. Mehr darüber erfahren ...